gerhard rühm und monika lichtenfeld: sprechkonzert.
solotexte und duette
Sa, 01.04.2017 18:00 Uhr CEST
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Als Dichter, Komponist, bildender Künstler und Interpret seiner eigenen Stücke gilt Gerhard Rühm als ein Cross-Over-Talent avant la lettre. Im Rahmen der programmatischen Ausstellungsreihe »Poetische Expansionen« und seiner Retrospektive »soon | just | now« präsentiert das ZKM eine Soirée mit dem Grenzgänger zwischen Noten, Buchstaben und radikalen Sprachexperimenten. Auf dem Programm steht eine Auswahl von Solotexten und Duetten, bei denen die Musikwissenschaftlerin und Herausgeberin Monika Lichtenfeld dem Sprachkünstler als Vortragspartnerin zur Seite steht.
Gerhard Rühms dichterisches Werk situiert sich in der Tradition der literarischen Expressionisten, wie August Stramm, und der Dadaisten, wie Hugo Ball und Kurt Schwitters. Als Mitglied der »Wiener Gruppe« hat Rühm maßgeblich dazu beigetragen die von den Nationalsozialisten gewaltsam unterbrochene Traditionen der Lautpoesie fortzusetzen, ja sie überhaupt wiederzuentdecken.
Seine seltenen live-Auftritte führen an die Grenzen des sprachlich Denk- und Artikulierbaren. Rühms Repertoire umfasst Lautgedichte, die in ihrer reduziertesten Form nur noch durch das Atmen des Vortragenden realisiert werden. Die typische Mundart seiner Wiener Heimat hat Rühm zu Dialekttexten kompiliert, in denen die Laute ein kongeniales Klangstück ergeben, das jedoch keine semantische Bedeutung mehr hat.
Wenn die Grenzen unserer Sprache wirklich die Grenzen unserer Welt sind – wie Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico-philosophicus (1921) schreibt – so tritt das Werk Gerhard Rühms an, alle Grenzen weit zu öffnen.
Darum hat Gerhard Rühm auch eine Variante von Ludwig Wittgensteins bekanntem Satz »Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen« geliefert. Sie lautet: »Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man singen».