Das Prinzip des maximalen Nichtwissen(wollen)s
Wie objektiv ist eigentlich die Naturwissenschaft?
Di, 21.03.2000
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ZKM-Grundlagenforscher Hans Diebner führt in die „Hermeneutik der Naturwissenschaften“ ein.
Wie die historischen Geisteswissenschaften hat auch die Erkenntnistheorie die Hermeneutik zur Grundlage. Versucht man die Hermeneutik mathematisch formal zu begreifen, so findet man eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem sogenannten Bayes'schen Rückschlussverfahren, das auch Ihr Arzt anwendet, wenn er Sie als krank diagnostiziert. Dummerweise sind sich die meisten Ärzte dieses Prinzips nicht richtig bewusst, und es kommt zu vermeidbaren Fehldiagnosen als Resultat falscher apriori-Annahmen. Die Naturwissenschaftler sind allerdings nicht weniger unbedarft. Möglicherweise gehen die Irrtümer über den von Karl von Meyenn vermuteten „historischen Irrtum Quantenmechanik“ hinaus, denn an vielen Stellen der „objektiven“ Naturwissenschaften manifestieren sich in den Theorien anthropomorphe, von apriori-Annahmen abhängige, „»Prinzipien des maximalen Nichtwissens«.
Der promovierte Physiker Diebner gehört seit August 1999 zum ZKM-Team. In der Grundlagenforschung widmet er sich insbesondere dem messtheoretischen Ansatz eines „intrinsischen Beobachters“. Er geht davon aus, dass sich die epistemologische Physik, insbesondere die Quantenmechanik, auf eine ontologische Basis zurückführen lässt.