CryptoArt
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It's Not About Money
Mi, 07.04. – So, 18.07.2021, täglich 9–23 Uhr

Seit 2014 ist es möglich, digitale Bilder mit Hilfe der Blockchain-Technologie zu zertifizieren und auf diese Weise Unikate herzustellen, so genannte NFTs (Non-Fungible Tokens). Doch erst seit diesem Jahr, nachdem eine Reihe digital zertifizierter Bilder für mehrere Millionen Dollar verkauft wurden, nimmt eine breitere Öffentlichkeit Notiz von dieser Entwicklung. 

Das ZKM erwarb bereits im Dezember 2017 eine Reihe von NFTs und zeigt nun auf dem Kubus-Screen eine Auswahl von Werken aus der eigenen NFT-Sammlung sowie von privaten Leihgebern.

Die Blockchain-Technologie – ursprünglich entwickelt, um mithilfe kryptographischer Verfahren ein digitales Äquivalent zu Bargeld zu erschaffen – verändert die Ökonomie der digitalen Kunst. Digitale Werke, die jederzeit und unendlich kopierbar sind, können nun in Unikate oder limitierte Serien verwandelt werden. Die Logik der Verknappung und die Regeln des traditionellen Kunstmarktes werden in die digitale Welt übertragen. Darüber hinaus eröffnet die Technik jedoch auch neue Möglichkeiten. Sogenannte »Smart-Contracts«, die in die Blockchain eingebettet sind, können beispielsweise dafür sorgen, dass Künstler:innen bei jedem Weiterverkauf eines ihrer Werke automatisch einen bestimmten Prozentsatz des Verkaufspreises auf ihr Kryptowährungs-Konto überwiesen bekommen. Dadurch, dass jede Information der Blockchain dezentral, von tausenden von Computern beglaubigt werden, sind alle Vorgänge transparent und unveränderbar. 

Die Anfänge

Die ersten NFTs lassen sich auf das Jahr 2014 datieren. Im Mai 2014 verkaufte der Künstler Kevin McCoy auf der Rhizome-Konferenz »Seven on Seven« im New Museum, New York, auf der Bühne ein GIF und veröffentlichte die Übertragung des Eigentums  auf der Namecoin-Blockchain. Zusammen mit Anil Dash gründete er »Monegraph«, die erste Plattform, die Blockchain-Technologie nutzte, um digitale Objekte zu authentifizieren. Im gleichen Jahr enstand in Berlin das digitale Kunstregister »ascribe«, 2015 gründete der Künstler Harm van den Dorpel dann die »left gallery«, die seitdem digitale, in der Blockchain zertifizierte Werke anbietet.

Es wurde jedoch nicht nur im Kunstkontext mit NFTs experimentiert. Im Februar 2016 wurde das Handy-Spiel »Spells of Genesis« (SoG) veröffentlicht, dessen Spielkarten über BitCrystal-Tokens auf der Bitcoin-Blockchain eingeschrieben waren. Im September des gleichen Jahres entstand die Plattform »Rare Pepe Wallet«, auf der seitdem Varianten des Internet-Memes »Pepe the Frog« in den Kryptowährungen »Counterparty« oder »PepeCash« gehandelt werden.

Ende 2016 schließlich entstanden die bis heute bekanntesten NFTs: John Watkinson entwickelte einen Pixel-Art-Charaktergenerator, der nach einem Zufallsprinzip eine Auswahl von Merkmalen (Sonnenbrillen, Hautfarben, Haartypen, etc.) kombinierte und generierte auf diese Weise 10.000 »CryptoPunks«, kleine Porträts in einer Größe von 24 x 24 Pixel. Watkinson und Hall entwickelten ein technisches Verfahren, das es ermöglichte, eine Referenz auf ein digitales Bild zusammen mit „Marktplatzfunktionen“ auf der Ethereum-Blockchain einzuschreiben. Auf die »CryptoPunks«, die seit Juni 2017 gehandelt werden, folgten im November 2017 die »CryptoKitties« von Guile Gaspar (Dapper Labs), die nicht nur gesammelt, sondern „gezüchtet“ werden konnten.

An den »CryptoPunks« lässt sich die Dynamik der neuen digitalen Ökonomie beispielhaft zeigen: Kostete der erste Punk im Juni 2017 nur eine Transaktionsgebühr, die 10–20 US-Dollar betrug, wurde im März 2021 ein Bild aus der Serie für etwa 7.500.0000 US-Dollar verkauft.

Das Krypto-Lab

Das ZKM begann sich mit dem Thema Blockchain anlässlich der Ausstellung »Open Codes. Leben in digitalen Welten« zu befassen. Das von dem Software-Entwickler und Künstler Daniel Heiss konzipierte »Krypto-Lab« versuchte, die Blockchain-Technologie durch Workshops, Vorträge und Ausstellungen allgemeinverständlich zu erklären.

Im Kontext dieses Projekts erwarb das ZKM »CryptoPunks«, »CryptoKitties« sowie das Werk »event.listeners« von Harm van den Dorpel. 

Die Abbildung zeigt ein rechteckiges Fenster in der sich das »KryptoLab« befindet. Darüber befindet sich auf der rechten Seite die frontpage der Zeitung »The Times«
Daniel Heiss: Krypto-Lab, 2017
Projekt innerhalb der Ausstellung »Open Codes. Leben in digitalen Welten«

On-chain

Das ZKM konzentriert sich seitdem beim Sammeln von NFTs auf eine spezielle Form, die eine weitere Dimension der Blockchain erkundet. Während die Käufer:innen eines NFTs normalerweise nur ein Zertifikat erwerben, das auf eine Datei verweist, die nicht in der Blockchain abgespeichert ist, sondern auf Webservern oder dem IPFS (InterPlanetary File System), gibt es NFTs, bei denen das Werk selbst in der Blockchain hinterlegt sind – genauer gesagt, der Code, der das Werk generiert.

Diese NFTs sind „on chain“. Somit liegt die gesamte Information, die benötigt wird, um das Werk darzustellen – der Algorithmus – für immer unabänderlich und öffentlich zugänglich in der Ethereum-Blockchain vor. Die  Werke gesichert, zumindest so lange die Ethereum-Blockchain existiert. 

Auch hier waren die Schöpfer der »CryptoPunks« John Watkinson und Matt Hall wegweisend: 2019 schufen sie die ersten generativen On-Chain-Werke: die »Autoglyphs«. Das ZKM zeigt drei der »Autoglyphs« derzeit in der Ausstellung »Writing the History of the Future« neben den Werken jener digitalen Pioniere, die für Watkinson und Hall Vorbild waren, A. Michael Noll und Kenneth C. Knowlton. Die besondere Herausforderung bei der Erstellung von On-Chain-NFTs ist, dass der Umfang des Programms beschränkt ist. Ähnlich wie bei der Demo-Szene, die dieses Jahr auf die Liste des immateriellen Erbes der UNESCO aufgenommen wurde, entwickeln die Programmier:innen eine Meisterschaft, mit geringsten Mitteln möglichst komplexe Bilder und Animationen zu erschaffen.

Nachhaltigkeit

Im Dezember 2020 machte der Künstler Memo Atken mit seinem Artikel „The Unreasonable Ecological Cost of CryptoArt“ auf die hohen Energiekosten der Blockchain-Technologie aufmerksam.

Der hohe Stromverbrauch vieler Blockchains, unter anderem von Ethereum, auf der die meisten NFTs verortet sind, entsteht vor allem durch einen speziellen Baustein der Technologie, der als »Proof of Work« (PoW) bezeichnet wird.

Dieser spezielle Beglaubigungsmechanismus erfordert enorme parallele Rechenleistung für das Verlängern der Blockchain durch neue Blöcke. Je nach Studie und Methodik wird etwa der jährliche Verbrauch, z. B. von Bitcoin, mit 30 bis 75 Terawattstunden angegeben. Damit ist er vergleichbar mit dem Stromverbrauch von Dänemark oder der gesamten künstlichen Beleuchtung in Deutschland. [1]

Weltweit arbeiten Entwickler:innen nun an der Entwicklung von Beglaubigungsmechanismen, die auf anderen technischen Verfahren basieren und dadurch weitaus weniger klimaschädlich wären. Man geht davon aus, dass der Energieverbrauch von  Blockchains, die statt »Proof of Work« beispielsweise auf Verfahren wie »Proof of Stake« oder »Proof of Authority« setzen, um 99 Prozent reduziert werden könnte.  

Das ZKM beobachtet die Entwicklung alternativer Blockchains und pausiert derzeit mit dem Ankauf von NFTs auf der Ethereum-Blockchain.  

[1] Fabian Retz, »Blockchain & das Klima. Warum die nationale Blockchain- Strategie Innovations- und Klimapolitik zusammenbringen sollte«, Stiftung Neue Verantwortung, 2019, https://www.stiftung-nv.de/sites/default/files/blockchain_und_das_klima.pdf, abgerufen am: 04.04.2021.

Künstler:innen
Bryan Brinkman, Daniel Calderon, Dmitri Cherniak, Jeff Davis, Gerard Ferrandez, Guile Gaspar, Kjetil Golid, John Watkinson & Matt Hall, Aaron Penne, Erick Snowfro und Hideki Tsukamoto

Bryan Brinkman: https://artblocks.io/project/10
Dmitri Cherniak: https://artblocks.io/project/13
Jeff Davis: https://artblocks.io/project/2
Gerard Ferrandez: https://artblocks.io/project/9
Kjetil Golid: https://artblocks.io/project/23
Aaron Penne: https://artblocks.io/project/28
Snowfro: https://artblocks.io/project/0
Hideki Tsukamoto: https://artblocks.io/project/8

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ZKM
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Das ZKM dankt den privaten Leihgebern und der Plattform artblocks.