Veranstaltung
Unknown Quantity (Eröffnung)
Mi, 15.10.2003 20:00 Uhr CEST
© Andrei Ujica
Ein Film von Andrei Ujica – eine Installation von Johannes Fischer
Unmittelbar nach dem 11. September litt Paul Virilio unter jener bei Philosophen äußerst selten auftretenden Malaise, die durch ein Übermaß an Bestätigung seitens der Wirklichkeit verursacht wird. Er unterbrach das Schreiben an seinem Buch »L'accident Intégral« und konzipierte stattdessen eine Ausstellung, die den Begriff des globalen Unfalls in seiner ganzen Aktualität veranschaulichen sollte. Entstanden ist eine viel kommentierte Schau mit dem Titel »Ce qui arrive«, die von der Fondation Cartier pour l'art contemporain in Paris vom 29. November 2002 – 30 März 2003 beherbergt wurde. Die filmische Installation »Unknown Quantity« war ein zentraler Teil davon und zeigt die Inszenierung eines Gespräches zwischen Paul Virilio und Swetlana Alexijewitsch, der Autorin des Buches »Tschernobyl. Chronik der Zukunft« – das grundlegende Zeugenprotokoll über die Umwandlung der Geschichte in Katastrophe.
Andrei Ujica ist bekannt dafür, Ausstellungseinladungen nur anzunehmen, um den kinematographischen Diskurs im Kunstbereich platzieren zu können und so sind die Bilder dieser Arbeit auf das Wesentliche reduziert, zum einen weil sie der traditionsreichen Gattung des philosophischen Dialoges Rechnung tragen möchten, zum anderen weil sie an den Beginn des Kinos erinnern wollen. Johannes Fischer hat eine Installation entworfen, welche die Projektion in die Inszenierung miteinbezieht, und einen weitmöglichst desemantisierten Besucherraum geschaffen, der wie nebenbei einen direkten Bogen von Virilios Auffassung des Kinos als »Machine de Vision« zurück zu Méliès’ Annahme von der Geburt desselben aus der Trickkiste schlägt.
Die einzige beabsichtigte, filmgeschichtliche Assoziation ist dabei Tarkowskis »Stalker«. Sie beginnt mit der räumlichen Unbestimmtheit der Installation zwischen Durchgangs- und Wartezimmer und geht auf die Protagonisten über, die draußen unter dem Fenster umgeben vom Dunkel miteinander reden. Allmählich wird einem bewusst, dass Swetlana Alexijetwisch eigentlich »Stalker« von Beruf ist. Sie kommt aus der toten Zone, um Virilio einen Besuch abzustatten. Und was ist Virilio selbst anderes als ein schon vor Jahren in die Großstadt geflüchteter »Stalker«?
Mit: Swetlana Alexijewitsch und Paul Virilio
Design: Martin Langewitz – David Caspar Schäfer MiR Design Karlsruhe
Kamera: Nico Hain
Ton/Sounddesign: Thomas Sauer – Volker Schmitt
Produktion: Fondation Cartier pour l'art contemporain Paris – ZKM Karlsruhe – Geyer / von Vietinghoff Film Berlin
DigiBeta, 30 min., looped
Unmittelbar nach dem 11. September litt Paul Virilio unter jener bei Philosophen äußerst selten auftretenden Malaise, die durch ein Übermaß an Bestätigung seitens der Wirklichkeit verursacht wird. Er unterbrach das Schreiben an seinem Buch »L'accident Intégral« und konzipierte stattdessen eine Ausstellung, die den Begriff des globalen Unfalls in seiner ganzen Aktualität veranschaulichen sollte. Entstanden ist eine viel kommentierte Schau mit dem Titel »Ce qui arrive«, die von der Fondation Cartier pour l'art contemporain in Paris vom 29. November 2002 – 30 März 2003 beherbergt wurde. Die filmische Installation »Unknown Quantity« war ein zentraler Teil davon und zeigt die Inszenierung eines Gespräches zwischen Paul Virilio und Swetlana Alexijewitsch, der Autorin des Buches »Tschernobyl. Chronik der Zukunft« – das grundlegende Zeugenprotokoll über die Umwandlung der Geschichte in Katastrophe.
Andrei Ujica ist bekannt dafür, Ausstellungseinladungen nur anzunehmen, um den kinematographischen Diskurs im Kunstbereich platzieren zu können und so sind die Bilder dieser Arbeit auf das Wesentliche reduziert, zum einen weil sie der traditionsreichen Gattung des philosophischen Dialoges Rechnung tragen möchten, zum anderen weil sie an den Beginn des Kinos erinnern wollen. Johannes Fischer hat eine Installation entworfen, welche die Projektion in die Inszenierung miteinbezieht, und einen weitmöglichst desemantisierten Besucherraum geschaffen, der wie nebenbei einen direkten Bogen von Virilios Auffassung des Kinos als »Machine de Vision« zurück zu Méliès’ Annahme von der Geburt desselben aus der Trickkiste schlägt.
Die einzige beabsichtigte, filmgeschichtliche Assoziation ist dabei Tarkowskis »Stalker«. Sie beginnt mit der räumlichen Unbestimmtheit der Installation zwischen Durchgangs- und Wartezimmer und geht auf die Protagonisten über, die draußen unter dem Fenster umgeben vom Dunkel miteinander reden. Allmählich wird einem bewusst, dass Swetlana Alexijetwisch eigentlich »Stalker« von Beruf ist. Sie kommt aus der toten Zone, um Virilio einen Besuch abzustatten. Und was ist Virilio selbst anderes als ein schon vor Jahren in die Großstadt geflüchteter »Stalker«?
Mit: Swetlana Alexijewitsch und Paul Virilio
Design: Martin Langewitz – David Caspar Schäfer MiR Design Karlsruhe
Kamera: Nico Hain
Ton/Sounddesign: Thomas Sauer – Volker Schmitt
Produktion: Fondation Cartier pour l'art contemporain Paris – ZKM Karlsruhe – Geyer / von Vietinghoff Film Berlin
DigiBeta, 30 min., looped
Organisation / Institution
ZKM