Annette Schemmel: How to Become a Contemporary Artist under Conditions of Scarcity?
Ausbildungsstrategien zeitgenössischer KünstlerInnen in Douala, Kamerun
- Erstellungsdatum
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- 38:24
Beschreibung
Ausbildungsstrategien zeitgenössischer KünstlerInnen in Douala, CM (case study)
Die Rede von der globalisierten Kunstwelt suggeriert die Teilhabe aller Weltregionen am künstlerischen Schaffen der Gegenwart sowie deren Repräsentation in kunstbetrieblichen Institutionen weltweit. Die ständig wachsende Zahl an Biennalen, Privatsammlungen, Artist-in-Residence-Programmen, an privaten und öffentlichen Museen in Osteuropa, China, Indien und Nahost, sowie die zunehmende Mobilität von KünstlerInnen werden häufig als Gradmesser dieser Entwicklung angesehen. Kulturelle Differenz werde dabei zum symbolischen Kapital, über das KünstlerInnen aus nicht-westlichen Weltregionen verfügen.(1) Die gravierenden Unterschiede in Bezug auf die Ausbildungsmöglichkeiten, Mobilität und Arbeitssituationen von KünstlerInnen auf der Nord- und Südhalbkugel werden dabei aber leicht übersehen. An diesem Punkt setzt mein Forschungsvorhaben mit einer exemplarischen Untersuchung der künstlerischen Professionalisierungsstrategien in einem zentralafrikanischen Kunst-Ballungsraum an, in Douala, Kamerun.(2)
Basierend auf 18 Interviews wird die These erhoben, dass die seit 1990 zunehmende Dynamik dieser Szene auf einem dichten Gefüge informeller Lernangebote beruht, das von den offenen Ateliers älterer Künstler (Generationenvertrag), zu künstlerinitiierten Festivals mit internationaler Beteiligung, über die sporadischen Workshops der ausländischen Kulturinstitute bis hin zu den Bildungsprogrammen der Künstlerinitiativen reicht. Davon konnten die zwischen 1965 und 1985 geborenen KünstlerInnen in zunehmendem Maß profitieren, wohingegen die seit 1992 bestehenden, bescheidenen formalen Ausbildungsstätten eher marginal blieben. Klassenschranken scheinen in diesem offenen Ausbildungssystem kein Hindernis zu sein, wohl aber das Geschlecht: Frauen sind unter den hauptberuflichen Künstlern Doualas kaum vertreten.
Konzeptuelle Kenntnisse, sowie der Umgang mit Video, Fotografie und Installation können in diesem Umfeld ebenso erworben werden, wie Zugänge zu globalen, professionellen Netzwerken. Der Wille zur Globalität zeigt sich allenthalben. Das Mosaik der Kunstgeschichtskenntnisse der KünstlerInnen spiegelt ihre teils abenteuerlichen Aneignungsprozesse wieder und verdient besondere Beachtung als Reservoir an Referenzen, die wiederum in die künstlerische Produktion einfließen.
Meine Untersuchung macht es sich zur Aufgabe die Wissensökonomie(n) dieser Kunstszene aufzuschlüsseln, sie in die Geschichte der Künstlerausbildung in Afrika seit 1930 einzubinden und damit auch einen unkonventionellen Beitrag zu der in der Entstehung begriffenen Länderkunst-geschichte Kameruns zu leisten.
1) Belting, Hans: Contemporary Art as Global Art. A Critical Estimate. In: Belting, Hans; Buddensieg, Andrea (Hsg.): The Global Art World. Audiences, Markets and Museums, Ostfildern 2009, S. 40.
2) Das spezifische Interesse an Douala resultiert aus einem von der Autorin kuratierten Ausstellungsprojekt, das KünstlerInnen aus Kamerun und Europa einschließt. Die Autorin hat außerdem selbst eine akademische Künstlerausbildung genossen. Die Doktorarbeit wird mit einem Elsa-Neumann-Stipendium durch das Land Berlin gefördert.