Performance vor der Kamera – Joseph Beuys und Wolf Vostell im Film
Aktionen sind ephemere Ereignisse, die mittels Fotografien, Schriftstücken und Requisiten nur fragmentarisch vermittelt werden können.
VON SARAH HAPPERSBERGER
Schon in den frühen 1960er-Jahren wurde daher der Film als Medium genutzt, um performative Arbeiten zu dokumentieren. Zeitgleich traten zunehmend Künstler vor die Kamera, um ihr Werk im Gespräch mit Experten, Kollegen und Mitwirkenden einem breiten Publikum vorzustellen.
In den Filmscreenings & Podiumsgesprächen zur Ausstellung »Beuys Brock Vostell« (24. Mai bis 09. November 2014) wurden Filme präsentiert, die ausgewählte Aktionen von Joseph Beuys und Wolf Vostell für die Nachwelt festhalten und den Künstlerpersönlichkeiten eine Plattform bieten.
Gesellschaftspolitischer Anspruch
Am 17. Oktober wurde mit dem Film »Happening, Kunst, Protest 1968« von Helmut Herbst und Friedrich Heubach der Zusammenhang zwischen der Aktionskunst und den Protesten der 1960er-Jahre beleuchtet. Die Collage aus Happening-Aufnahmen aus Fernsehberichten, Filmen und Künstler-Interviews verdeutlicht den gesellschaftspolitischen Anspruch vieler Aktionen und zeigt ihre eindimensionale Darstellung in den Medien auf.
Die Bedeutung der Medien für die öffentliche Wahrnehmung und kunsthistorisches Einordnung des Happenings wurde auch im anschließenden Gespräch thematisiert. Ausgehend von seiner eigenen Happening-Erfahrung erläuterte Friedrich Heubach die Diskrepanz des in Büchern und Filmen vermittelten Partizipationsideal und der tatsächlichen Rolle der BesucherInnen.
Künstlerische Auseinandersetzung
Im Fokus des zweiten Filmabends stand Wolf Vostell. Der Film »Berlinfieber« von Ulrike Ottinger bot den BesucherInnen die Möglichkeit, den Verlauf eines Happenings vom ersten Konzept bis zur Realisierung nachzuvollziehen. Rudij Bergmann zeigte Vostell als innovativen Medienkünstler, der in seiner künstlerischen Auseinandersetzung mit der Shoa Maßstäbe setzte.
Die persönliche Beziehung der beiden Filmemacher zu dem Künstler kam in der Diskussion mit Eckhart Gillen zum Ausdruck. Sowohl Ottinger als auch Bergmann wussten zahlreiche Anekdoten zu erzählen und wiesen auf die unermüdliche Energie des Künstlers hin, der vor Bergmanns Kamera bereitwillig über seine Schaffensprinzipien Auskunft erteilte.
Auch die Filme des letzten Screenings boten eine ganzheitliche Perspektive auf die Künstler der Ausstellung. Viele Jahre begleitete Werner Krüger Beuys und Vostell bei der Arbeit und im Privatleben mit der Kamera ‒ vollendet wurden die beiden Filmporträts 1979 und 2010. Während in dem Beuys-Film neben dem Künstler auch Zeitzeugen zu Wort kommen, konzentrierte sich Krüger in dem späteren Film ganz auf die körperliche Präsenz, die Aussagen und die Werke Vostells.
Veränderte Beziehung zum Künstler
Wie Krüger im Gespräch anmerkte, ist an den Filmen eine veränderte Beziehung zum Künstler, aber auch der technischen Möglichkeiten der Repräsentation von Kunstwerken ablesbar. In einem Gesichtspunkt gleichen sich die Filme jedoch: Beide geben ihren Protagonisten ausreichend Spielraum, um sich in ihren Wohn- und Atelierräumen in Szene zu setzen.
Die Kamera eignet sich folglich nicht nur zur Dokumentation von Aktionen, sondern eröffnet zugleich ein neues Format der Performance: die Selbstdarstellung des Künstlers im Film.
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