GLOBALE: Next Society – Facing Gaia
Fr, 15.04. – Sa, 16.04.2016
Den Epilog zur GLOBALE bildet das Symposium »Next Society – Facing Gaia«, das sich kritisch mit dem Zustand der Erde auseinandersetzt sowie die Frage aufwirft, wie die Weltbevölkerung zukünftig leben will und wird.
Die Gaia-Hypothese wurde vom Wissenschaftler und Erfinder James Lovelock postuliert. Bedauerlicherweise muss man sagen, dass sie ihm nicht viel Glück brachte, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Da er einen uralten griechischen Mythos mit einem anfälligen und komplexen System verglich, mithilfe dessen die Phänomene des Lebens die Erde verändern, dachte man, er würde von einem einzigen Organismus, einer Art riesigem Thermostat oder gar göttlicher Vorsehung sprechen. Doch all dies hat nicht das Geringste mit Lovelocks Denkansatz zu tun. Gaia ist weder die Welt, das Mutterland noch eine heidnische Gottheit, aber auch nicht die Natur, wie man sie sich im 17. Jahrhundert vorstellte und sie lediglich als Spiegel der menschlichen Subjektivität diente. Vielmehr bietet die Natur die Kulisse für unser gesamtes Handeln.
Doch aufgrund der unerwarteten Auswirkungen der menschlichen Geschichte ist inzwischen all das, was wir unter dem Namen Natur zusammengefasst haben, aus der Kulisse heraus und mitten auf die Bühne getreten. Die Luft, die Meere, die Gletscher, das Klima, das Land und alles, was wir aus dem Gleichgewicht gebracht haben, interagiert mit uns. Wir sind in die Geogeschichte eingetreten: Das Zeitalter des Antropozäns ist angebrochen – und es besteht das Risiko eines Krieges, bei dem jeder gegen jeden kämpft.
Die alte Natur schwindet langsam dahin und schafft so Raum für ein Wesen, dessen genaue Ausdrucksformen schwierig vorherzusagen sind. Dieses Wesen ist alles andere als stabil und übt auch kaum irgendeine beruhigende Wirkung aus. Es scheint aus Rückkopplungen zu bestehen, die beständige Störungen erfahren. Gaia ist der Name, der am besten zu ihm passt. Durch die Erforschung abertausender Formen Gaias können wir jene Gedankengänge entfalten, die mit der Natur verwoben wurden: Ethik, Politik, ungewöhnliche Auffassungen von den Naturwissenschaften und vor allem auch von der Wirtschaft und sogar der Theologie.
Dieses Symposium soll die Ausstellung »Reset Modernity!« begleiten und sich dabei mit den Vorgängen auseinandersetzen, die derzeit angestoßen werden, um ein Messinstrumentarium neu zu kalibrieren, das nicht mehr in der Lage ist, jene Signale zu empfangen, die wir eigentlich unbedingt wahrnehmen sollten. Der Schwerpunkt wird hierbei jedoch wesentlich komplexer ausfallen, als einfach nur ein simples Werkzeug mit dem Grundgedanken der Moderne erfassen zu wollen!
Die gesamte Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.
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Programm
Freitag, 15.04.2016: Exchange Sessions | Samstag, 16.04.2016: Panels & Round table
Freitag, 15. April 2016Exchange SessionsIn der Ausstellung »Reset Modernity« [Lichthof 8+9] | ||
Anmeldung erforderlich! Die Exchange Sessions am Fr, 15.04.2016 sind bereits ausgebucht. Das weitere Programm des Symposiums ist öffentlich. Das Format dieser Sessions stellt die Vorstellung von einem »Publikum« im Ausstellungsraum infrage. Anstatt einer Vortragssituation, sind die BesucherInnen eingeladen mit den verschiedenen Bereichen der Ausstellung zu experimentieren. John Dewey zufolge wird das Publikum hier nicht als eine bereits vorher existierende Einheit betrachtet. Die Vorstellung von einem »Publikum« impliziert eine Gemeinschaft, die sich aus Fragenden zusammensetzt und ein bestimmtes Thema behandelt und diesem wiederum einen öffentlicheren Charakter verleiht. Insgesamt wird es sechs Sessions geben. Die BesucherInnen können zuhören und mitmachen. Bei diesem Experiment kommen verschiedene eingeladene KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen zusammen: Frédérique Aït-Touati, Jamie Allen, Johannes Bruder, Bureau d’Ètudes (Léonore Bonaccini and Xavier Fourt), Flavia Caviezel, Franco Farinelli, Folder (Marco Ferrari, Elisa Pasqual), Jean-Michel Frodon, Fabien Giraud, Sylvain Gouraud, Moritz Greiner-Petter, Hélène Guenin, Francesca von Habsburg, Dorothea Heinz, Ronald Kolb, Bruno Latour, Armin Linke, Claudia Mareis, Hans Ulrich Obrist, Donato Ricci, Dorothee Richter, Territorial Agency (John Palmesino, Ann-Sofi Rönnskog), Unknown Fields Division (Liam Young and Kate Davies), Peter Weibel und Studierende unter Bruno Latour am Sciences Po École des Arts Politiques (SPEAP). Gefördert wird es vom Kollektiv der SPEAP (Schule für Politische Künste), das Austauschformate entwickeln, Dialoge erleichtern, Fragen stellen, Diskussionen moderieren und die Aufbau der Exchange Sessions arrangieren wird. | ||
11:00–13:00 & 14:00–16:30 Uhr | Procedure 1 | Relocalizing the Global [Re-Lokalisierung des Globalen] Wie kann die Vorstellung des »Globalen« heruntergebrochen werden? Wie kann stattdessen die Tatsache betrachtet werden, dass ein »globales« Netzwerk bis ins Detail stets ein lokales ist? |
Procedure 2 | Without the World or Within [Ohne die Welt oder mittendrin] Wie kann die allgemeine moderne Unterscheidung von Subjekt and Objekt überdacht werden? Wie kann stattdessen eine Darstellung entwickelt werden, bei der sowohl der »Beobachter« als auch die »zu beobachtende Sache« am Erleben beteiligt sind? | |
Procedure 3 | What Happens to the Sublime? [Was geschieht mit dem Erhabenen?] Können wir das Erhabene immer noch spüren, wenn wir zu einem neuen Klimasystem übergehen? | |
Procedure 4 | The Return of Limits and Borders? [Die Rückkehr von Beschränkungen und Grenzen?] Auf welche Weise könnten die modernen Menschen die Entdeckung von Beschränkungen aufnehmen, ohne dabei auf die Vorstellung von Grenzen und Identitäten zurückzugreifen? | |
Procedure 5 | Secular at Last [Endlich säkular] Eine gängige Vorstellung der Moderne ist, dass Religion zur Privatsache geworden ist und Politik im öffentlichen Raum stattfindet, was zu einer besonderen politischen Theologie führt. Wie könnten wir im aktuellen Kontext die Vorstellung des Säkularen neu definieren? | |
Procedure 6 | Technology without »Hype« [Technologie ohne »Hype«] Wie können wir unsere Wahrnehmung von Technologie vom Objekt auf das Projekt lenken? | |
Procedure 7 | Museum of Oil Die Ölindustrie ist so sehr expandiert, dass ihre Territorien zerbrechlich und unhaltbar geworden sind. Territorial Agency schlägt vor, das Öl im Boden zu belassen; warum genau sollten wir das tun? | |
17:00–18:00 Uhr | Dialog zwischen »Reset Modernity!« und »New Sensorium« Kuratorengespräch zwischen Bruno Latour und Yuko Hasegawa in der Ausstellung »New Sensorium« [Lichthof 1 + 2 ] | |
Samstag, 16. April 2016Panels & Round TableIm ZKM_Kubus und der Ausstellung »Reset Modernity!« | ||
In Anlehnung an die Exchange Sessions von Freitag sollen in den beiden Panels und dem anschließenden Gespräch die Themen der Ausstellung »Reset Modernity!« besprochen werden. Dies geschieht anhand kurzer Präsentationen von SprecherInnen aus den verschiedensten Disziplinen. Die Panels sowie die Diskussionsrunde werden bis 15:30 Uhr via Live-Stream übertragen. | ||
11:00–12:30 Uhr | Which Aesthetic for the Gaïa Hypothesis? [Welche Ästhetik eignet sich für die Gaïa-Hypothese?] Keynote: Bruno Latour TeilnehmerInnen: Graham Harman (Philosoph), Hélène Guenin (Kuratorin), Francesca von Habsburg | |
14:00–15:30 Uhr | Reset vs. Revolution Wie können wir den modernistischen Metaphern von Neuanfängen entkommen? Keynote: Peter Weibel Teilnehmer: Frédérique Aït-Touati (Regisseur und Historiker), Franco Farinelli (Geograph), Yana Milev (Philosophin, Künstlerin und Kuratorin) | |
15:30–16:00 Uhr | Kaffee Pause | |
16:00–17:30 Uhr | Diskussion in der Ausstellung »Reset Modernity!« Moderation: Bruno Latour TeilnehmerInnen: Frédérique Aït-Touati, Franco Farinelli, Hélène Guenin, Graham Harman, Yuko Hasegawa, Yana Milev, Peter Weibel | |
Impressum
- Kurator/in
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Organisation / Institution
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Ein Projekt im Rahmen des Stadtgeburtstags – 300 Jahre Karlsruhe –