Ausstellung
bilder*codes# 1992–2002
10 Jahre Medienkunst im Dialog
Sa, 09.11.2002 – Mo, 06.01.2003
Der 10. Geburtstag ist immer ein besonderer Anlass zum Feiern, nicht nur weil die Zehn eine runde Zahl ist, sondern auch, weil sie die erste zweistellige ist. 10 das ist 1 und 0, das ist die Basiseinheit einer jeden Rechenmaschine, das ist die Grundlage der Medienkunst. Insofern möchten wir die Feier nutzen, um über die Codierung von Bildern im digitalen Zeitalter nachzudenken. Wo könnte man das besser tun als im Museum, in der Kunstsammlung, im Kunstverein oder an den Ausbildungsorten wie der Akademie? Es geht uns nicht darum, eine lustige Tischrunde um die Geburtstagstorte zu versammeln, sprich die Freunde der Medienkunst ins ZKM zu locken, sondern wir wollen die Kunst ein Stück weit demokratisieren, sie zugänglich machen. Nicht zuletzt deshalb vergeben das ZKM und der Südwestfunk Baden-Baden seit 1992 gemeinsam den »\\internationalen\medien\kunst\preis«.
Die frühen Hoffnungen der VideokünstlerInnen, nämlich mit Hilfe der Fernsehtechnik Kunst einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, wurden leider nie erfüllt. Vereinzelte Projekte sind in die Historie eingegangen, so wie z.B. die vom WDR ausgestrahlte Sendung »Identification« von Gerry Schum mit Künstlern wie Giovanni Anselmo, Joseph Beuys, Jan Dibbets, Mario Merz u.a. oder wie das 1971 im schottischen Fernsehen gezeigte »TV Interruptions« von David Hall. Insgesamt jedoch ist das Projekt »Medienkunst für alle« weitgehend gescheitert und geht über vereinzelte Beiträge hier und da in den Massenmedien nicht hinaus. Einzig der »internationaen\medien\kunst\preis« stellt eine konstante Größe dar. Jährlich werden 50 Medienkunstarbeiten vorgestellt, die bereits durch eine Jury auf Qualität und Inhalt befragt wurden.
Warum dann doch der Rückzug in den, wenn auch gesplitteten, »White Cube« um den runden Geburtstag zu feiern? Die Antwort kann nicht monokausal ausfallen und der Platz der Erklärung ist beschränkt. Wir wollen die Frage, ob Medienkunst nun im Sinne der Reproduzierbarkeit handhabbar ist, hier nicht erörtern. Bislang fiele die Antwort wohl eher negativ aus. Wo kann man ein Künstlervideo ausleihen? Wo kann man ein Tape genauso zuverlässig antreffen, wie die »Nachtwache« von Rembrandt in Amsterdam? Es erweckt bei genauerem Hinsehen den Anschein, als ob Medienkunst gar schwieriger zu erreichen sei als die traditionellen Künste wie Malerei und Skulptur. Und wenngleich in der Medialounge des ZKM weit mehr als 1000 Titel jederzeit abrufbar sind, so geben wir uns damit nicht zufrieden. Wir wollen nicht auf die Besucher warten, wir wollen sie erreichen. Wir wollen auch andere Institutionen einbinden, denn in einer vernetzen Welt bedarf auch die Kunst der Kooperation, um wahrgenommen zu werden.
Medien- und im speziellen Videobeiträge sind vor allem in der jüngeren Generation längst ein selbstverständliches Medium geworden, daher wuchs die Zahl der Einsendungen von Jahr zu Jahr an, bis schließlich die Vielfalt und Variationsbreite unübersichtlich zu werden drohten. Deshalb schuf man ab 1999 das zusätzliche Kriterium der Themenstellung: Im ersten Jahr »cITy«, dann »Control Space«, dieses Jahr »Bildercodes«. Alle Topoi offen genug, um über die theoretische Reflexion bis zur Performance die Gattungen zu involvieren, jedoch feinmaschig gestrickt, um anhand der ausgesuchten Arbeiten nicht nur die künstlerische Entwicklung zu verfolgen, sondern darüber hinaus einen Beitrag zur aktuellen Diskussion erstellen zu können.
»Bildercodes« gibt es natürlich so lange, wie es Bilder gibt und gerechtfertigterweise setzt die klassische Kunstgeschichte entsprechend früh an. Aber wir wollen nicht in Konkurrenz treten mit den griechisch antiken Darstellungen, den Altarretabeln des Mittelalters oder den expressiven Gesten der Neuzeit, wir wollen im Gegenteil einen Dialog anregen. Wir wollen eine Auswahl der 500 Beiträge zum »internationalen\medien\kunst\preis« mit den klassischen Objekten der Moderne, mit den Reliquien der Technikgeschichte, mit den Exponaten der Literatur in einen visuellen Dialog treten lassen, denn Bildercodes setzen sich immer aus einem Rest Unaussprechbaren zusammen. Allein die Konfrontation, allein das Schauen, kann uns die tieferen Schichten der Lesbarkeit von Bildern offenbaren.
Erst im Vergleich miteinander übermitteln die Bilder uns ihre emotionalen Qualitäten, für deren Beschreibung Worte alleine nicht ausreichen: So greift das Video »Free Society«, 1988, von Paul Garrin den Aspekt der Macht auf, der Macht von Staat und Polizei, aber auch der Macht derjenigen, welche bereit sind qua Gewalt die Verhältnisse zu verändern, so wie es die Jakobiner in der Französischen Revolution beabsichtigten oder die deutschen Revolutionäre von 1848/1949. Das künstlerisch umgestaltete, verfremdete Material aus Nachrichtensendungen und TV-Dokumentationen zeigt die Spannungsbreite heutiger medialer Informationskultur auf und bewegt sich damit auf historisch linearer Ebene zu den Zeugnissen der demokratischen Revolution des 19. Jahrhunderts in der modernen Inszenierung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe.
Um den Einfluss von Fernsehbildern geht es auch in der Arbeit »Rodney King«, 1992-93, von Erik Pauser und Johan Söderberg, welche in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart zu sehen ist. Eine drastische Darstellung der Aufstände in Los Angeles nach dem Mord an Rodney King, die die Relevanz von Kunst, ihre kritische Intervention, einer jungen Generation von Künstlern nahebringt.
Manchmal hatten wir einfach Glück mit der Auswahl der Tapes, so kann man während der großen Ausstellung »Der Berg« im Heidelberger Kunstverein das Band von Pascal Magnin »Reines d´un jour«, 1997, als Beitrag des »\\internationalen\medien\kunst\preis« betrachten. Thema: Eine sinnlich, kraftvolle und witzige Hommage an die Schönheit alpenländischer Natur.
...Dies nur einige wenige Beispiele um unser Anliegen zu verdeutlichen, warum wir Medienkunst in Baden-Württemberg und Umgebung präsentieren. An dieser Stelle möchten wir all denjenigen Institutionen danken, die uns ihre Unterstützung versicherten und mit Umsicht und Sympathie den »internationalen\medien\kunst\preis« in ihren Häusern umsorgen.
Die frühen Hoffnungen der VideokünstlerInnen, nämlich mit Hilfe der Fernsehtechnik Kunst einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, wurden leider nie erfüllt. Vereinzelte Projekte sind in die Historie eingegangen, so wie z.B. die vom WDR ausgestrahlte Sendung »Identification« von Gerry Schum mit Künstlern wie Giovanni Anselmo, Joseph Beuys, Jan Dibbets, Mario Merz u.a. oder wie das 1971 im schottischen Fernsehen gezeigte »TV Interruptions« von David Hall. Insgesamt jedoch ist das Projekt »Medienkunst für alle« weitgehend gescheitert und geht über vereinzelte Beiträge hier und da in den Massenmedien nicht hinaus. Einzig der »internationaen\medien\kunst\preis« stellt eine konstante Größe dar. Jährlich werden 50 Medienkunstarbeiten vorgestellt, die bereits durch eine Jury auf Qualität und Inhalt befragt wurden.
Warum dann doch der Rückzug in den, wenn auch gesplitteten, »White Cube« um den runden Geburtstag zu feiern? Die Antwort kann nicht monokausal ausfallen und der Platz der Erklärung ist beschränkt. Wir wollen die Frage, ob Medienkunst nun im Sinne der Reproduzierbarkeit handhabbar ist, hier nicht erörtern. Bislang fiele die Antwort wohl eher negativ aus. Wo kann man ein Künstlervideo ausleihen? Wo kann man ein Tape genauso zuverlässig antreffen, wie die »Nachtwache« von Rembrandt in Amsterdam? Es erweckt bei genauerem Hinsehen den Anschein, als ob Medienkunst gar schwieriger zu erreichen sei als die traditionellen Künste wie Malerei und Skulptur. Und wenngleich in der Medialounge des ZKM weit mehr als 1000 Titel jederzeit abrufbar sind, so geben wir uns damit nicht zufrieden. Wir wollen nicht auf die Besucher warten, wir wollen sie erreichen. Wir wollen auch andere Institutionen einbinden, denn in einer vernetzen Welt bedarf auch die Kunst der Kooperation, um wahrgenommen zu werden.
Medien- und im speziellen Videobeiträge sind vor allem in der jüngeren Generation längst ein selbstverständliches Medium geworden, daher wuchs die Zahl der Einsendungen von Jahr zu Jahr an, bis schließlich die Vielfalt und Variationsbreite unübersichtlich zu werden drohten. Deshalb schuf man ab 1999 das zusätzliche Kriterium der Themenstellung: Im ersten Jahr »cITy«, dann »Control Space«, dieses Jahr »Bildercodes«. Alle Topoi offen genug, um über die theoretische Reflexion bis zur Performance die Gattungen zu involvieren, jedoch feinmaschig gestrickt, um anhand der ausgesuchten Arbeiten nicht nur die künstlerische Entwicklung zu verfolgen, sondern darüber hinaus einen Beitrag zur aktuellen Diskussion erstellen zu können.
»Bildercodes« gibt es natürlich so lange, wie es Bilder gibt und gerechtfertigterweise setzt die klassische Kunstgeschichte entsprechend früh an. Aber wir wollen nicht in Konkurrenz treten mit den griechisch antiken Darstellungen, den Altarretabeln des Mittelalters oder den expressiven Gesten der Neuzeit, wir wollen im Gegenteil einen Dialog anregen. Wir wollen eine Auswahl der 500 Beiträge zum »internationalen\medien\kunst\preis« mit den klassischen Objekten der Moderne, mit den Reliquien der Technikgeschichte, mit den Exponaten der Literatur in einen visuellen Dialog treten lassen, denn Bildercodes setzen sich immer aus einem Rest Unaussprechbaren zusammen. Allein die Konfrontation, allein das Schauen, kann uns die tieferen Schichten der Lesbarkeit von Bildern offenbaren.
Erst im Vergleich miteinander übermitteln die Bilder uns ihre emotionalen Qualitäten, für deren Beschreibung Worte alleine nicht ausreichen: So greift das Video »Free Society«, 1988, von Paul Garrin den Aspekt der Macht auf, der Macht von Staat und Polizei, aber auch der Macht derjenigen, welche bereit sind qua Gewalt die Verhältnisse zu verändern, so wie es die Jakobiner in der Französischen Revolution beabsichtigten oder die deutschen Revolutionäre von 1848/1949. Das künstlerisch umgestaltete, verfremdete Material aus Nachrichtensendungen und TV-Dokumentationen zeigt die Spannungsbreite heutiger medialer Informationskultur auf und bewegt sich damit auf historisch linearer Ebene zu den Zeugnissen der demokratischen Revolution des 19. Jahrhunderts in der modernen Inszenierung des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe.
Um den Einfluss von Fernsehbildern geht es auch in der Arbeit »Rodney King«, 1992-93, von Erik Pauser und Johan Söderberg, welche in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart zu sehen ist. Eine drastische Darstellung der Aufstände in Los Angeles nach dem Mord an Rodney King, die die Relevanz von Kunst, ihre kritische Intervention, einer jungen Generation von Künstlern nahebringt.
Manchmal hatten wir einfach Glück mit der Auswahl der Tapes, so kann man während der großen Ausstellung »Der Berg« im Heidelberger Kunstverein das Band von Pascal Magnin »Reines d´un jour«, 1997, als Beitrag des »\\internationalen\medien\kunst\preis« betrachten. Thema: Eine sinnlich, kraftvolle und witzige Hommage an die Schönheit alpenländischer Natur.
...Dies nur einige wenige Beispiele um unser Anliegen zu verdeutlichen, warum wir Medienkunst in Baden-Württemberg und Umgebung präsentieren. An dieser Stelle möchten wir all denjenigen Institutionen danken, die uns ihre Unterstützung versicherten und mit Umsicht und Sympathie den »internationalen\medien\kunst\preis« in ihren Häusern umsorgen.
Event Website
Team
Barbara Könches (Projektleitung)
Organisation / Institution
ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie
Begleitprogramm