- Broschüre
ZKM | Institut für Musik und Akustik : Gastkünstler 1991-95
Eine kommentierte Auswahl
- Publikationstyp
- Broschüre
- Verfasser / Herausgeber
- Heinrich Klotz (Hg.)
- Beschreibung
- 27 S. : Ill.
- Sprache
- Deutsch
- Jahr
- 1996
- Inhalt
Man kann sich das Musikinstitut des ZKM als ein großes Instrument vorstellen. Es besteht aus Menschen und Ideen, Maschinen und Räumen. Auf diesem großen, vielseitigen Instrument können ganz verschiedenartige Stücke gespielt werden. Es hängt von den Vorstellungen, den Erfahrungen und der jeweiligen Konzeption des Spielers ab, was für eine Musik auf diesem Instrument erklingt. Das Instrument schreibt an sich keine Stilrichtung vor; doch so wie bei einem modernen Konzertflügel, der nur bedingt für die Klavierstücke J.S. Bachs und überhaupt nicht für die Musik vor Bach taugt, gibt es Begrenzungen. Rund 70 Gastkünstler haben in den letzten 5 Jahren, seit den allerersten Anfängen und parallel zum Aufbau der Studioeinrichtungen, im Institut gearbeitet. Zusammen mit Workshop-Teilnehmern, kooperierenden Interpreten und Wissenschaftlern haben weit mehr als 200 Menschen für ihre Arbeit an den Einrichtungen des Instituts partizipiert. Nicht zu vergessen die schwer zählbaren Personen, die Software-Entwicklungen des ZKM (teilweise auch Hardware-Entwicklungen) für ihre musikalische oder analytische Arbeit benutzen. Greifbare Ergebnisse des Künstlerprogramms sind die Stücke, die in der Regel in Konzerten, seltener als Installation in Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Knapp 100 Stücke, teilweise oder ganz im ZKM realisiert, sind in den letzten Jahren entstanden. Im Durchschnitt ist jedes Stück im bisher kurzen Zeitraum seiner Existenz (zwischen wenigen Monaten bis zu 5 Jahren) vier Mal 'dem Publikum zugänglich' gemacht worden: vor allem in Konzerten, aber auch in Rundfunksendungen oder CD-Publikationen. Nehmen wir als Hörer-Durchschnittszahl pro Ereignis oder Medium tief geschätzt 300 Personen an. Dann hat die im ZKM realisierte zeitgenössische Musik innerhalb kurzer Zeit 12 000 Hörer gefunden - ohne, daß wir bisher eine eigene CD-Serie mit unseren Produktionen (sie ist ab Herbst 1996 geplant) herausgebracht und auswärtige Aufführungen in nennenswerten Umfang unterstützt hätten.
Doch die eigentliche Qualität eines Künstlerprogramms geht in solche Statistiken nicht ein. Da ist zunächst die Auswahl der Projekte, die nach einem Kriterienkatalog entschieden wird, in dem die Qualität des Künstlers oder der Idee, das Verhältnis der von ihm oder ihr benötigten Mitteln und den Ressourcen des Instituts eine Rolle spielen - immer auch im Bewußtsein, daß es im Dschungel von Musik und elektronischen Medien keine Königswege gibt. Viel größer als die Chance, daß ein Rechenfehler einem neuen Gedanken in der Mathematik den Weg eröffnet ist die Möglichkeit. daß ein nicht zweckdienlicher Gebrauch von allgemeinen oder speziellen Musik-Maschinen ein überzeugendes Kunstwerk ermöglicht. Voraussetzung dafür, daß Künstler hier eine je eigene Balance von Zweck und Mitteln in ihren Werken kreieren können, ist das Fehlen von Denkverboten. Umgekehrt ausgedrückt: nicht Ingenieure und Techniker bestimmen Gestalt, Form oder Inhalt des Werkes, sondern sie lassen sich, da wo sie unterstützend, beratend, entwickelnd beteiligt sind, von den andersgearteten künstlerischen Ideen anregen für eine neue Art des Technikgebrauchs. Der geglückte interdisziplinäre Austausch hat wiederum Voraussetzungen: eine offene Atmosphäre, in der Gespräche stattfinden, in denen technische Machbarkeit und ästhetische Visionen ebenso frei wie kritisch diskutiert werden können. Für viele Gastkünstler macht gerade dieser Aspekt neben dem technischen Angebot die besondere Qualität des ZKM-Musikinstituts aus. So realisiert sich im Austausch von Gästen und Mitarbeitern und von Gastkünstlern untereinander die Idee eines Zentrums. Und schließlich, auch das sei erwähnt, wirkt die Arbeit der Gastkünstler direkt zurück auf das Institut, indem sie die Entscheidungen für Investitionsausgaben und für Forschung und Entwicklung beeinflußt. Anhand von acht Komponisten soll exemplarisch Einblick in Arbeitsweisen und Ergebnisse, Entwicklungen und Außenwirkung gegeben werden.
Heike Staff, 1996